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Encro-Chat – Beweisverwertungsverbot bei Erlangung von Informationen?

Durch die Nutzung von sog. EncroChat sollte auf Mobiltelefonen eine abhörsichere und verschlüsselte Software zur Kommunikation geschaffen werden. Solche Krypto-Handys mit einer End-zu-Ende-Verschlüsselung wurden u.a. zur Begehung von Straftaten genutzt. Aufgrund dessen haben sich die französischen Ermittlungsbehörden entschlossen direkt auf die Endgeräte der Handelnden Personen zuzugreifen. So wurden diverse Straftaten – überwiegend im Bereich Drogenhandel und Waffen – aufgedeckt. Es stellt sich nunmehr die Frage, ob die gewonnenen Erkenntnisse in deutschen Strafverfahren nutzbar gemacht werden können, oder ob sie einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Hierüber hatte unter anderem das Landgericht Berlin zu befinden (Entscheidung v. 01.07.2021 – (525 KLs) 254 Js 592/20 (10/21). Das Landgericht Berlin hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und bereits die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt (sog. Nichteröffnungsbeschluss). Andere Gericht wie das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG Hamburg, Entscheidung v.  29.01.2021 – 1 Ws 2/21 – 7 OBL 3/21), OLG Bremen (OLG Bremen, Entscheidung v.  18.12.2020 – 1 Ws 166/20) und OLG Rostock  (OLG Bremen, Entscheidung v.  18.12.2020 – 1 Ws 166/20) entschieden, dass kein Beweisverwertungsverbot vorliegt.

Denn ein Mitgliedstaat der europäischen Union muss einen anderen Mitgliedstaat darüber in Kenntnis setzen, wenn er die Telekommunikation zu überwachen beabsichtigt (Art. 31 RL-EEA). Da die französischen Ermittlungsbehörden dies unterlassen haben, ist ein – schwerer – Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen nicht gerechtfertigt, sodass u.a. ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip überwiegt.

Das Urteil wurde in der Folge vom Bundesgerichtshof kassiert. So entschied der 6. Strafsenat des BGH – mit knapper Begründung – dass die gewonnenen Erkenntnisse verwertbar sein dürfen (BGH, Entscheidung v. 08.02.2022 – 6 StR 639/21). In dem Beschluss hieß es, dass der Senat „im Ergebnis die aus der Überwachung der Kommunikation über den Krypto-Messengerdienst EncroChat durch französische Behörden gewonnenen Erkenntnisse im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung als im Strafverfahren verwertbar ansieht“. 

Auch der 5. Strafsenat des BGH lehnte mit ausführlicher Begründung das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbot ab (Entscheidung. v. 02.03.2022, Az. 5 StR 457/21).

Ob und inwieweit sich der Europäische Gerichtshof in Zukunft mit Fragen rund um das Thema EncroChat im Zusammenhang mit einer Beweisverwertung zu beschäftigen hat und ob die Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit europäischem Recht vereinbar ist, wird sich zeigen.

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